Ein fernes Echo
Odessa, der Name eines beschlagnahmten Kreuzfahrtschiffes, dessen Besatzung sieben Jahre im Golf von Neapel ausharrt, liefert das Grundmotiv des gleichlautenden „Gehfilmes“ von Baumann/Kaltner/Fraterno. Begleitend zu Logbucheintragungen aus dem Off erkunden zwei Männer das Hafenareal Neapels, ohne dass dieses letztlich erfassbar wird.
Thomas Bernhard zählt wohl zu den spannendsten österreichischen Zeitgenossen; eine Einschätzung, die nicht nur in Bezug auf sein literarisches Werk, sondern auch auf seine einnehmende Persönlichkeit zutrifft. Radax setzt Bernhard in diesem virtuos inszenierten Portrait auf eine Parkbank und lässt ihn über Kindheitserinnerungen, den Prozess des Schreibens und sein Gefühlsleben sprechen. Dabei nähert er sich auch filmisch sukzessive seinem vor Witz und Sarkasmus sprühenden Protagonisten an, der noch vor der ersten Klappe, so erzählt Radax, seinem Ruf als „Schwieriger“ durchaus gerecht wurde. (Dietmar Schwärzler)
Programm
Odessa (Thomas Baumann/Martin Kaltner/Matteo Fraterno, 2005, 33 min.)
Thomas Bernhard – Drei Tage (Ferry Radax, 1970, 58 min.)