Muss das Pferd auch arbeiten?

Das sei das besondere an der Schäferei, sagt Valeria, dass du alles selber machst. Von der Geburt und der Zucht bis – mitunter auch – zum Schlachten. Valeria ist Wanderschäferin. Sie ist die Schwester des Filmemachers Leonhard Pill und bildet das Zentrum des Films. Valeria führt ein Leben, das sich auf jede nur erdenkliche Art krass von dem ihrer Geschwister – neben Leonhard gibt es noch eine Schwester, Fidelia – unterscheidet. Sie wohnt in einem Wohnwagen, ohne fließendes Wasser. Erhält einen Mindestlohn. Bei jedem Wetter ist sie draußen, mit ihren Hunden, bei den Schafen. Sie kundschaftet die zur Verfügung stehenden Weiden – also Futterplätze – aus, spinnt die Schafwolle, bringt als Geburtshelferin Lämmer zur Welt, schneidet Klauen, schlachtet, kuschelt mit den Schafen, spricht mit ihnen, wacht über sie, Zigarette rauchend. Ja: Valeria macht alles selbst. Auch die Geburtstagsgeschenke für ihre Geschwister – zumindest, wenn sie eine Idee hat. Und genügend Zeit.

In Muss das Pferd auch arbeiten? zeigt Leonhard Pill seine Schwester nachdrücklich als eine Frau, deren Leben sich rund um die Uhr, das ganze Jahr hindurch um ihren Beruf dreht. In konzentrierten, ruhigen Bildern spiegelt er ihre lakonische, no-nonsense Lebenshaltung. Oft hält er Distanz – auch die Hunde sind Zeugen auf Abstand. Es ist keine Suche nach Schönheit oder Idylle, aber auch nicht die Zerstörung derselben. Wenn überhaupt, ist es eine Suche der Geschwister nacheinander, nach Verständnis füreinander. Eine Suche, die Hindernisse überwinden muss: Die Gespräche zwischen Fidelia und Valeria verlaufen mitunter holprig. Die Schäferin hat nicht so richtig Lust zu reden. Sie baut Zäune auf für ihre Herde, steckt Grenzen ab, auch wortwörtlich. Von "Fake-News" über die Schäferei bis zu Zuschreibungen an vegane Städterinnen. Soziale Netzwerke und Identitätspolitik anno 2025 spielen immer eine Rolle. Extreme Großaufnahmen der kauenden Schafe, ihr unentwegtes, lautes Blöken geben dem Film eine materielle, fast taktile Qualität. „Jeder muss irgendwas“, sagt Valeria am Ende, „ist so“. (Sylvia Szely)

Orig. Titel
Muss das Pferd auch arbeiten?
Jahr
2025
Land
Österreich
Länge
86 min
Kategorie
Dokumentarfilm
Orig. Sprache
Deutsch
Untertitel
Englisch
Credits
Regie
Leonhard Pill
Drehbuch
Leonhard Pill
Kamera
Leonhard Pill
Schnitt
Florian Lambrecht
Sound Design
Veronika Hlawatsch
Tonmischung
Manuel Meichsner
Dramaturgische Beratung
Anja Salomonowitz
Produktion
Leonhard Pill
Regieassistenz
Fidelia Gartner
Mit Unterstützung von
Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport / Federal Ministry for Arts, Culture, the Civil Service and Sport, Stadt Wien Kultur, Land Salzburg
Geräuschemacher*in
Veronika Hlawatsch
Originalton
Luzia Johow
Colorgrading
Bernhard Schlick
künstlerische Beratung
Luzia Johow, Rosa Friedrich, Marko Dinić
Conforming & Mastering
Tilmann Rödiger
Verfügbare Formate
DCP 4K flat (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,85
Tonformat
5.1 surround
Bildfrequenz
24 fps
Farbformat
Farbe