Projektionen eines Filmvorführers in einem Pornokino

Roman, der Filmvorführer, arbeitet in einem Pornokino. Er denkt sich romantische Geschichten mit der Hauptdarstellerin aus, in die er verliebt ist. Bei seiner Arbeit fällt sein Blick nicht nur auf die Bilder, die er vorführt, sondern durchstreift auch den Zuschauerraum – die Eindrücke wirken auf seine Phantasien zurück: Roman wird zum Exhibitionisten. (Produktionsnotiz)


Alltag im Projektionsraum eines Pornokinos. Der Film wird eingespannt und abgespult. Das Projektorgeräusch vermischt sich mit dem Stöhnen auf der Leinwand, der Masturbation im Publikum. Anja Salomonowitz inszeniert die Geschichten, die sich ein Filmvorführer ausdenkt, der in der Enge seines Projektionsraums, die Hauptdarstellerin des Pornofilms zur romantischen Heldin seiner Fantasien macht.
Während in den letzten Jahren vor allem in Frankreich Sex und Pornographie hauptsächlich dann Thema von Filmen und Literatur weiblicher Autorinnen waren, wenn sie versuchten, alte Verbote zu überschreiten und bislang ausgegrenzte Themen zur weiblichen Sexualität radikal und unverblümt anzugehen, zeigt der Kurzfilm eine männliche Fantasiewelt aus der Perspektive einer jungen Frau. Und die wird, parallel zu den Hardcore-Fantasien von Frauen, vielleicht sehr viel romantischer sein, als wir glauben. Der Filmvorführer geht eine lange schmale Gasse entlang. In der Mitte der Gasse scheint Laternenlicht. Sobald er ins Licht tritt, verliert er seinen Schlüssel und aus dem Nichts erscheint die Hauptdarstellerin des Pornofilms. Sie ist auf einmal da, nur um den Schlüssel aufzuheben. Die Bilder im Kopf des Filmvorführers radikalisieren sich, wohl analog zur zielstrebigen Dramaturgie des Pornofilms, den er vorführt. Sie werden angeregt durch kleine Begebenheiten aus der Realität. Den masturbierenden Zuschauer, der sich in dem Moment, wo der sich vergewissernde Blick des Filmvorführers durch die Filmluke fällt, über die Haare streicht, macht er in seinen Fantasien zum Exhibitionisten, der eine Gruppe kleiner Mädchen erschreckt. Und schließlich sehen wir ihn selbst, wie er sich in seinen Fantasien vorführt, seinen Mantel öffnet und sich dabei zusehen lässt, wie er sein bestes Stück zur Schau stellt. Und gerade dadurch zu seinem Höhepunkt kommt, so unterstellt der Film, dass er dabei so genommen und geliebt wird, wie er ist. Die Fantasien dauern so lange wie der Pornofilm, der sie ausgelöst hat. Dann verlässt das Publikum den Kinosaal und der Filmvorführer seinen Arbeitsplatz. Es ist wahrscheinlich, wie jeden Tag, wenn der Job erledigt ist. (Nora Sternfeld)

Orig. Titel
Projektionen eines Filmvorführers in einem Pornokino
Jahr
2002
Land
Österreich
Länge
14 min
Kategorie
Kurzspielfilm
Orig. Sprache
Deutsch
Untertitel
Französisch
Credits
Regie
Anja Salomonowitz
Drehbuch
Anja Salomonowitz, Marie Kreutzer
Kamera
Gerald Kerkletz
Schnitt
Alarich Lenz
Produktion
Michael Huber
Darsteller*in
Markus Hering, Nina Gabriel, Valerie Strassberg, Gabriela Schmoll, Andreas Hauer
Regieassistenz
Marie Kreutzer
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)