Unsere Zeit wird kommen

Nach Jahren der Unsicherheit und des unfreiwilligen Exils ist der Gambier Siaka mit seiner Frau Victoria in deren „Heimatland“ Österreich zurückgekehrt, um sich eine stabile Existenz aufzubauen und eine Familie zu gründen. Über ein Jahr lang begleitet Ivette Löcker das Paar, dessen Sehnsucht nach unbeschwerter Liebe und dem Gefühl des Ankommens sich nicht ohne Widerstände einlöst. Während Victoria versucht, als Grafikerin ein „ganz normales“ Leben zu führen, schlägt Siaka sich auf der Suche nach Teilhabe und Akzeptanz durch bürokratisches Dickicht und prekäre Jobs. Einen Großteil ihrer Energien investieren beide in die Verwirklichung ihrer gemeinsamen Utopie, doch die kulturellen Differenzen bleiben bedeutsam, soziale Strukturen unbeweglich und die eigene Geschichte lässt sich ebenso wenig abschütteln wie Traditionen. Siaka ist erst Anfang dreißig und schon vom Leben erschöpft, von den Herausforderungen, die sich ihm und seiner Beziehung täglich in den Weg stellen. Und er ist es leid, über seinen Schmerz zu schweigen. Mit Victoria, die dem Liebesglück der Ehe mehr Raum in Löckers Film geben möchte, diskutiert er in einer zentralen Szene über die dringende Notwendigkeit, Erfahrungen von Not, Diskriminierung und Rassismus vor der Kamera zu teilen, um ihrer persönlichen, aber auch der Lebensrealität etlicher anderer Sichtbarkeit zu verleihen.

“Racism is a sickness. A sickness for the human society. A sickness that will never cure. Unless you use your power to stop it.” Löcker weiß ihre Position als Dokumentaristin wirksam einzusetzen. Ihr vielschichtiges Porträt einer Beziehung, die an hegemonialen Vorstellungen rüttelt, entfaltet sich nicht ohne Ambivalenzen, provoziert immer auch die Reflexion eigener Vorurteile. Obgleich, oder gerade weil die Regisseurin unsichtbar bleibt, auf Voiceover verzichtet und sich nur einmal aus dem Off ins Geschehen involviert, markiert sie eine eindeutig humanistische Haltung – schon im Prolog oder etwa in einer Szene, in der Siaka mit einem Freund binnen kürzester Zeit mit bloßen Händen und nicht ohne Schmäh über die Arbeitsmoral der Österreicher:innen einen Garten vom Unkraut befreit: Löckers Solidarität gilt den marginalisierten Perspektiven, die sie erneut ins Zentrum ihrer Betrachtung rückt, um ihren Stimmen Raum zu geben, statt über sie zu sprechen. (Michelle Koch)

Orig. Titel
Unsere Zeit wird kommen
Jahr
2025
Land
Länge
105 min
Kategorie
Dokumentarfilm
Orig. Sprache
Deutsch, Englisch, Mandinka
Untertitel
Englisch
Credits
Regie
Ivette Löcker
Drehbuch
Ivette Löcker
Kamera
Frank Amann
Montage
Esther Fischer
Sound Design
Ines Vorreiter
Produktion
KGP Filmproduktion
Produzent*in
Barbara Pichler, Gabriele Kranzelbinder
Verfügbare Formate
DCP 2K (Distributionskopie)
Bildformat
1,89:1
Tonformat
5.1 surround
Bildfrequenz
25 fps
Farbformat
Farbe