FROM PAST TO FUTURE, PASSING US LIKE GHOSTS

Binarität liegt nicht nur jeder Form von Digitalität zugrunde, sondern bildet gemeinhin den Schlüssel zu jeder Form von Sinnproduktion. Das (westliche) Denken wäre lapidar gesagt ohne strukturierende Begriffspaare und Oppositionen nicht zu denken. Eine Art sinnliches Konterkarieren solchen Denkens – in diesem Fall nicht binär verfasst – breitet FROM PAST TO FUTURE, PASSING US LIKE GHOSTS aus. Die filmische Suite, gebaut aus Textinserts, mehrgliedrigen abstrakten Animationen und, nicht zu vergessen, einer hochkomplexen Soundtrack-Ebene, ist auf das Unterlaufen binärer Codes angelegt: Wahrnehmungs- und mit ihr auch jede Form von Sinnentschlüsselung werden durch die relational zueinander in Stellung gebrachten Module auf eine geisterhafte Probe gestellt, ja buchstäblich an eine Wand des Unentschlüsselbaren gefahren.
 
Das „Ghosting“ – spukhafter Schatten jedes dichotomen Systems – hebt auf mehreren Levels an: Da ist zunächst der in mehrere Einzelinserts aufgeteilte Text „The Simulated Either–Other“ von Wera Hippesroither. Sein Bedeutungshorizont – die Aushebelung oppositionsgeleiteter Sinnerzeugung – wird selbst von Bild zu Bild verschwommener, ausfransender. Dieser Diffusion arbeiten auch zahlreiche akustische Stimmen-Montagen zu. Dabei werden allerlei Text-to-speech-Anwendungen, sei es in Form von Phantomphrasierungen, Vokal-Verschleierungen oder anderen Pareidolien (Sinnestäuschungen), als wiederkehrende Haunting-Elemente in den brüchigen Klangfluss gespeist. Eine elektroakustische Komposition („On Small Differences In Sensation“) des Musikers Eric Frye bildet eine dezent intervenierende Soundunterlage, die sich wiederholt in den Strom schiebt, um sich sogleich wieder zu entziehen. Und dann sind da die extremst verdichteten, in ihrer Feinkörnigkeit ein wahres Flacker-Inferno generierenden Animationen: Komplexen Bauplänen folgend, lassen diese mal mehr, mal weniger feinkonturierte, in jedem Fall aber hochdelirante Wahrnehmungslandschaften entstehen. Was im Zusammenspiel mit den anderen Bauteilen einen binär nicht mehr auflösbaren Nichtsinn-Exzess betörend vor Augen (und Ohren) führt. (Christian Höller)

Orig. Titel
FROM PAST TO FUTURE, PASSING US LIKE GHOSTS
Jahr
2023
Land
Österreich
Länge
15 min 37 sek
Kategorie
Experimental, Animation/Computeranimation
Orig. Sprache
Kein Dialog, Mandinka
Downloads
Credits
Regie
Jung An Tagen
Konzept
Jung An Tagen
Mischung
Jung An Tagen
Animation
Jung An Tagen
Text
Wera Hippesroither
Compositing
Jung An Tagen
Arrangement
Jung An Tagen
Mastering
Cam Deas
Komposition
Eric Frye
TTS Obfuskation
Eric Frye
TTS Libretto
Jung An Tagen
Verfügbare Formate
Digital File (prores, h264) (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,85
Tonformat
Stereo
Bildfrequenz
60 fps
Farbformat
Farbe, s/w
DCP 2K flat (Distributionskopie)
Bildformat
1:1,85
Tonformat
Stereo 5.1
Bildfrequenz
60 fps
Farbformat
Farbe, s/w