Hypnodrom
Eine Fahrt durch die Dämmerung, eine einsame Landstraße entlang. Noch ist die Perspektive des Films an jene des Autos gekoppelt. Kaum hat man jedoch den Blick justiert und sich auf die Bewegung eingestellt, beginnt das Bild, langsam zunächst, in der horizontalen Achse zu rotieren. Tatsächlich ist rasch die Analogie zum Propeller da, der an Geschwindigkeit gewinnt; immer schneller wechseln die Hell-Dunkel-Kontraste einander ab, bis das Auge nicht mehr nachkommt. Die Landschaft, in der Bauten, ein paar Bäume vorüberfliegen, gerinnt zum abstrakten Mandala.
Richard Wilhelmers Hypnodrom ist ganz auf diesen die Sinne berauschenden Effekt zugeschnitten, der mit einer speziell dafür entwickelten Drehvorrichtung für die Kamera (Benjamin Maus/Martin Putz) verwirklicht wurde. Das Straßenbild dient nur als Matrix für eine Attraktion, welche die Land- wie hübsch fluoreszierende Stadtfahrten in eine sich frenetisch drehende Spirale verwandelt – ähnlich den "Rotoreliefs", die schon Marcel Duchamps für sein animiertes Anémic Cinema in den 1920er-Jahren zum Kreiseln brachte. Oder wie eine beschleunigte Variante der Kippbilder, die schon Michael Snows Landvermessung per Roboterarm in La Région Central (1971) erzeugte.
Wilhelmer bietet aber noch eine andere Lesart an, die sich seiner Liebe für Science-Fiction verdankt: Eine Frauenstimme aus dem Off gibt zu sphärischen Keyboardklängen eine quasi-therapeutische Verwendung der Bilder vor. Heilsam sollen sie auf Körper und Geist wirken. Hypnodrom meint ja wörtlich übersetzt auch so etwas wie den Korridor, der in den Schlaf führt: Wie einer dieser Hypnotiseure, der mit Spiralen den Geist manipuliert, greift auch Wilhelmer ironisch auf die mentale Balance seiner Zuschauer zu. Er entzieht ihnen die Schwerkraft und propagiert dieses Losgelöstsein dann als Wellnessprogramm. (Dominik Kamalzadeh)
Hypnodrom
2017
Österreich
5 min