Home
Im satten Grün der steirischen Wälder sehen die beiden französischen Geschäftsmänner besonders deplatziert aus. Das ist nur konsequent, denn Patric Chihas Kurzspielfilm Home erzählt davon, wie es ist, am falschen Ort zu sein, in mehrfacher Hinsicht. Einerseits haben sich Fouad und sein jüngerer Kollege auf dem Weg zur Firma "Lodenwalker" schlicht verfahren. Die Straßen, die sie nehmen, und die Waldwege, die sie beschreiten, scheinen ihr Ziel immer nur ein Stück weiter von ihnen weg zu rücken.
Home entwirft darüber hinaus aber noch eine zweite, ausschweifendere Geschichte, die in die Spulen der Erinnerung führt. Für Fouad wird der Businesstrip auch zu einer Rückkehr ins Land seiner Kindheit. Die Bilder der Umgebung evozieren Erinnerungen, die er in Monologen an einen imaginären Zuhörer, vielleicht auch nur an sich selbst richtet. Man erfährt von seiner Mutter, die Österreich nach Ende des zweiten Weltkrieges verlassen und ihr Glück als Tänzerin in Beirut gesucht hat - und schon scheinen auch die Bewegungen einer Gasthauskellnerin einer bestimmten Choreographie zu folgen. Die vergleichsweise mondäne Geschichte der Mutter, die ausschnitthaft über Super-8-Aufnahmen ins Bild gerückt wird, korrespondiert mit der Naturkulisse allerdings nur auf negative Weise. Die rustikale Idylle erscheint durch Fouads Erzählungen wie ein Ort, der jeder Form von Veränderung widerstanden hat. Ein Ort, an dem die Zeit stillsteht, sich die Gräuel der Vergangenheit festgesetzt haben und sich gar in jüngeren Taten widerspiegeln. "Alles ist unverändert," sagt Fouad, "aber ich erkenne nichts wieder." In diesem Sinn beschreibt Home eine unmögliche Heimkehr - und weckt das Unheimliche eines Landstrichs, der sich selbst zu ähnlich bleibt.
(Dominik Kamalzadeh)
Home spielt in der steirischen Ramsau, und selten hat man ein ähnliches Bild vom Eigenen gesehen. Ein Bild von geradezu schmerzhaft genauer Anmutung, unprätentiös und einfach im Ganzen und in jedem Detail. Soviel Heimat war noch nie, und unwillkürlich denkt man an eine Notiz von Peter Handke: "Österreich, das Fette, an dem ich würge." Home ist ein liebevoller und trauriger Heimatfilm und Horrorfilm zugleich.
(Viennale)
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Home / texte français
Mais au-delà, Home tisse un autre récit, plus riche en péripéties, qui conduit à lintérieur des rouages de la mémoire. Pour Fouad, ce voyage professionnel se transforme bientôt en pèlerinage au pays de son enfance. Les vues des environs réveillent des souvenirs quil commente dans des monologues adressés à une audience imaginaire, ou peut-être seulement à lui-même. On apprend que sa mère a quitté lAutriche à la fin de la Seconde Guerre mondiale pour aller tenter sa chance à Beyrouth comme danseuse et aussitôt, les mouvements dune serveuse de restaurant semblent obéir à une chorégraphie précise. Mais à lhistoire relativement mondaine de la mère, dont des fragments apparaissent à l'image par le biais de films super 8, le décor naturel ne correspond que sur le mode négatif. Dans la narration de Fouad, léden rural se présente comme un lieu qui a résisté à toute forme dévolution. Un lieu où le temps sest arrêté, où les atrocités du passé se sont incrustées et même se manifestent à travers des actes récents. « Rien nŽa change », dit Fouad, « et pourtant je ne reconnais rien. » En ce sens, Home décrit un retour impossible et souligne linquiétante étrangeté dune contrée qui reste trop semblable à elle-même (Dominik Kamalzadeh)
Traduction: Françoise Guiguet
Isabelle Régnier / LE MONDE (Kritik)
Isabelle Régnier / LE MONDE about home by Patric Chiha
Home
2006
Frankreich, Österreich
50 min